Das Betreuungsrecht in Deutschland sichert die rechtliche Unterstützung für Personen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Ein wesentlicher Bereich dieses Rechts ist die Gesundheitssorge, die sicherstellt, dass Betroffene die notwendige medizinische Versorgung erhalten. Dieser Artikel beleuchtet die gesetzlichen Grundlagen, Aufgaben und Herausforderungen des Aufgabenkreises Gesundheit im Betreuungsrecht.
Gemäß § 1815 BGB (ehemals § 1896 BGB) wird der Aufgabenkreis eines Betreuers durch das Betreuungsgericht bestimmt und umfasst spezifische Aufgabenbereiche, die notwendig sind, um die rechtlichen Angelegenheiten des Betreuten zu regeln. Diese Aufgabenbereiche müssen vom Gericht präzise festgelegt werden, um sicherzustellen, dass die Betreuung nur in dem notwendigen Umfang erfolgt.
Aufgabenbereiche der Gesundheitssorge
Der Aufgabenkreis Gesundheitssorge umfasst eine Vielzahl von Aufgaben, die im Interesse des Betreuten wahrgenommen werden müssen. Zu den zentralen Aufgaben gehören:
- Einwilligung in medizinische Maßnahmen: Dies schließt die Zustimmung zu Untersuchungen, Behandlungen und auch den Abbruch von Behandlungen ein.
- Abschluss von Arzt- und Krankenhausverträgen: Der Betreuer ist befugt, im Namen des Betreuten Verträge abzuschließen, die für die medizinische Versorgung notwendig sind.
- Sicherstellung der medizinischen und medikamentösen Versorgung: Dazu gehört auch die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der medizinischen Betreuung sowie die Organisation von Arztbesuchen und Vorsorgeterminen.
- Freiheitsentziehende Maßnahmen: In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, dass der Betreute zur Heilbehandlung untergebracht wird. Solche Maßnahmen dürfen jedoch nur mit ausdrücklicher gerichtlicher Genehmigung erfolgen.
Ein grundlegendes Prinzip im Betreuungsrecht ist der Erforderlichkeitsgrundsatz. Dieser besagt, dass Betreuung nur in dem Umfang angeordnet werden darf, wie sie tatsächlich notwendig ist. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Gesundheitssorge, wo die Einwilligungsfähigkeit des Betreuten eine entscheidende Rolle spielt. Wenn der Betreute in der Lage ist, die Art, Bedeutung und Tragweite einer medizinischen Maßnahme zu verstehen, ist seine eigene Einwilligung maßgeblich. Andernfalls entscheidet der Betreuer nach ärztlicher Aufklärung über die Zustimmung zur Behandlung.
Der Betreuer hat oft die schwierige Aufgabe, medizinische Entscheidungen im besten Interesse des Betreuten zu treffen. Dies erfordert ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Fachkenntnis. Der Betreuer muss die medizinischen Empfehlungen der behandelnden Ärzte sorgfältig abwägen und dabei stets die Wünsche und das Wohl des Betreuten im Blick haben.
Ein besonders sensibler Bereich der Gesundheitssorge betrifft die freiheitsentziehenden Maßnahmen. Solche Maßnahmen dürfen nur in extremen Fällen und nach sorgfältiger Prüfung aller Alternativen ergriffen werden. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Betreuungsgericht erforderlich, um sicherzustellen, dass die Rechte des Betreuten gewahrt bleiben.
Bei der Übertragung des Aufgabenbereichs Gesundheitssorge entfällt die ärztliche Schweigepflicht gegenüber dem Betreuer. Dies ermöglicht es dem Betreuer, umfassende Informationen über den Gesundheitszustand des Betreuten zu erhalten und notwendige Entscheidungen zu treffen. Der Betreuer ist jedoch verpflichtet, diese Informationen vertraulich zu behandeln und nur im Rahmen der notwendigen Betreuung zu verwenden.
Ein wichtiger Aspekt der Gesundheitssorge ist die Berücksichtigung von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten. Diese Dokumente ermöglichen es dem Betreuten, im Voraus festzulegen, welche medizinischen Maßnahmen im Falle einer Entscheidungsunfähigkeit gewünscht oder abgelehnt werden. Der Betreuer ist verpflichtet, den in der Patientenverfügung geäußerten Willen zu respektieren und entsprechend zu handeln.
Fall 1: Behandlung einer schizoaffektiven Psychose
Ein Betroffener, der an einer schizoaffektiven Psychose litt, wurde in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Das Betreuungsgericht bestellte einen Betreuer für den Aufgabenbereich Gesundheitssorge. Das Oberlandesgericht hob diese Bestellung jedoch auf, da die Maßnahmen im Rahmen der Unterbringung ausreichend waren und keine zusätzliche Betreuung erforderlich war.
Fall 2: Einwilligung in eine lebensrettende Operation
Ein Betreuter benötigte eine dringende Operation, konnte jedoch aufgrund seiner geistigen Verfassung keine eigenständige Entscheidung treffen. Der Betreuer, nach ausführlicher ärztlicher Aufklärung, stimmte der Operation zu, die erfolgreich verlief und das Leben des Betreuten rettete. In diesem Fall war die Betreuung im Bereich Gesundheitssorge entscheidend für das Wohl des Betreuten.
Der Aufgabenkreis Gesundheitssorge im Betreuungsrecht stellt sicher, dass hilfebedürftige Personen die notwendige medizinische Versorgung erhalten. Die gesetzliche Grundlage schafft einen klaren Rahmen, in dem Betreuer handeln können. Der Erforderlichkeitsgrundsatz und die präzise Definition der Aufgabenbereiche gewährleisten, dass die Betreuung immer im besten Interesse des Betreuten erfolgt. Trotz der Herausforderungen, die mit der Gesundheitssorge verbunden sind, bietet sie eine unverzichtbare Unterstützung für Menschen, die ihre gesundheitlichen Angelegenheiten nicht selbst regeln können. Für detailliertere Informationen und spezifische Regelungen wird auf das Werk „Grundlagen und Schwerpunkte des Betreuungsrechts für die Soziale Arbeit“ von Röchling (2022) verwiesen.