Was ist rechtliche Betreuung?
Die rechtliche Betreuung ist ein flexibles Rechtsinstrument zur Unterstützung von Erwachsenen, die ihre rechtlichen Angelegenheiten aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht oder nicht mehr regeln können. Sie ist strikt am individuellen Bedarf des kranken oder behinderten Menschen ausgerichtet, berücksichtigt seine verbliebenen Fähigkeiten und wahrt seine Selbstbestimmung. Rechtseingriffe werden auf das erforderliche Maß beschränkt. Der gerichtlich bestellte Betreuer unterstützt die betroffene Person in dem genau festgelegten Aufgabenkreis dabei, ihre rechtlichen Angelegenheiten so weit wie möglich selbst zu besorgen und ihr Selbstbestimmungsrecht zu wahren. Er macht von seiner Vertretungsmacht nur Gebrauch, soweit dies erforderlich ist.
Wann kann ein rechtlicher Betreuer bestellt werden?
Ein Betreuer kann gemäß § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nur bestellt werden, wenn bei der betroffenen Person eine Unterstützungsbedürftigkeit bei der Wahrnehmung rechtlicher Angelegenheiten vorliegt, die auf einer Krankheit oder Behinderung beruht. Sowohl körperliche als auch psychische Krankheiten sind von diesem Begriff umfasst. Hierzu gehören u. a. körperlich begründbare psychische Erkrankungen, insbesondere infolge von degenerativen Hirnprozessen (Demenzerkrankungen) oder als Folge von Krankheiten (z. B. einer Hirnhautentzündung) oder von Verletzungen des Gehirns. Auch Abhängigkeitserkrankungen (z. B. durch Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholmissbrauch) können bei entsprechendem Schweregrad Krankheiten sein, die Anlass für eine Betreuerbestellung geben. Dasselbe gilt schließlich für Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen („Psychopathien“). Unter Behinderung fallen u. a. angeborene sowie während der Geburt oder durch frühkindliche Hirnschädigungen erlittene Intelligenzminderungen verschiedener Schweregrade. Auch körperliche Behinderungen können Anlass für die Bestellung eines Betreuers sein, allerdings nur, soweit sie die Fähigkeit zur Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten wenigstens teilweise aufheben oder wesentlich behindern. Dies kann etwa bei dauernder Bewegungsunfähigkeit der Fall sein.
Welche Alternativen gibt es zu einer Betreuerbestellung?
Ein Betreuer wird nur bestellt, wenn dies erforderlich ist, weil eine Person ihre rechtlichen Angelegenheiten ganz
oder teilweise nicht (mehr) besorgen kann. Dabei muss zunächst festgestellt werden, ob nicht Hilfen tatsächlicher Art vorhanden und zur Unterstützung der betroffenen Person ausreichend sind. So können Familienangehörige, Bekannte oder soziale Dienste die betroffene Person bei praktischen Angelegenheiten des Alltags unterstützen. Sie können zudem beim Ausfüllen von Anträgen (Rente, Sozialleistungen) oder der Steuererklärung helfen. Schuldnerberatungsstellen können Vermögensfragen klären. Die Betreuungsbehörden erhalten mit dem neuen Instrument der erweiterten Unterstützung (§ 8 Abs. 2 und § 11 Abs. 3 des Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG)) darüber hinaus den gesetzlichen Auftrag, betroffene Menschen in geeigneten Fällen so zu unterstützen, dass hierdurch eine rechtliche Betreuung möglicherweise entbehrlich wird. Solche anderen Hilfen sind vorrangig, reichen aber nicht aus, wenn auch eine rechtsgeschäftliche Vertretung der betroffenen Person erforderlich ist. Die Bestellung eines Betreuers kann auch dann vermieden werden, wenn die unterstützungsbedürftige Person eine andere Person ihres Vertrauens bereits wirksam, insbesondere im Wege einer Vorsorgevollmacht, bevollmächtigt hat oder noch bevollmächtigen kann. Dies ist nicht nur in Vermögensangelegenheiten möglich, sondern auch in allen anderen Bereichen, etwa Gesundheitsangelegenheiten oder Fragen des Aufenthalts.
Kann ich noch selbst entscheiden, auch wenn ich einen Betreuer habe?
Grundsätzlich ja. Die Bestellung eines Betreuers ist keine Entrechtung. Die Entmündigung Volljähriger ist in Deutschland seit 1992 abgeschafft. Eine Betreuerbestellung hat nicht zur Folge, dass die betreute Person geschäftsunfähig wird. Die Wirksamkeit der von ihr abgegebenen Erklärungen beurteilt sich wie bei allen anderen Personen allein danach, ob sie deren Wesen, Bedeutung und Tragweite einsehen und ihr Handeln danach ausrichten kann. Die Frage, ob eine Person tatsächlich geschäftsunfähig ist (§ 104 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)), wird im Einzelfall unabhängig davon beurteilt, ob ein Betreuer bestellt ist. Von dem Grundsatz, dass das Betreuungsrecht keinen Einfluss auf die rechtliche Handlungsfähigkeit der betroffenen Person hat, gibt es eine wichtige Ausnahme: Wenn das Gericht für einzelne Aufgabenbereiche einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat, tritt hierdurch eine Beschränkung der Teilnahme am Rechtsverkehr ein. Die betreute Person braucht dann (von gewissen Ausnahmen, wie etwa bei geringfügigen Geschäften des täglichen Lebens, abgesehen) die Einwilligung des Betreuers. Einen Einwilligungsvorbehalt ordnet das Gericht an, wenn die erhebliche Gefahr besteht, dass die betreute Person sich selbst oder ihr Vermögen schädigt. Die drohende Selbstschädigung muss gewichtig sein, d. h. für die betreute Person eine wesentliche Beeinträchtigung in ihrer konkreten Lebenssituation darstellen. Der Betreuer ist bei der Ausübung seiner Befugnisse im Rahmen des Einwilligungsvorbehalts an die Wünsche der betreuten Person nach § 1821 BGB gebunden.