Der Aufgabenkreis Wohnen im Betreuungsrecht ist ein essenzieller Bestandteil, der sich mit der Verwaltung und dem Erhalt des Wohnraums des Betreuten beschäftigt. Die Regelungen und Aufgaben innerhalb dieses Kreises sind darauf ausgelegt, den Lebensraum des Betreuten zu sichern und dessen Wohlbefinden zu gewährleisten. Dieser Artikel beleuchtet die gesetzlichen Grundlagen, die spezifischen Aufgaben und die praktischen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Aufgabenkreis Wohnen.
Gemäß § 1833 BGB ist die Aufgabe des vom Betreuten selbst genutzten Wohnraums durch den Betreuer nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zulässig. Dies schließt eine sorgfältige Prüfung der Erforderlichkeit durch das Betreuungsgericht ein. Die gesetzliche Regelung zielt darauf ab, die verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre des Betreuten zu bewahren und sicherzustellen, dass ein Wohnraumwechsel oder die Aufgabe des Wohnraums nur unter besonderen Umständen erfolgen.
Ein zentraler Aspekt des Aufgabenkreises Wohnen ist die Kündigung und Neuvermietung von Wohnraum. Der Betreuer ist berechtigt, Mietverträge zu kündigen und neue Wohnungen anzumieten, sofern dies im besten Interesse des Betreuten liegt. Dies kann notwendig werden, wenn der aktuelle Wohnraum nicht mehr den Bedürfnissen des Betreuten entspricht, beispielsweise aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen. In solchen Fällen muss der Betreuer eine neue Unterkunft finden, die den Anforderungen des Betreuten gerecht wird und dessen Lebensqualität verbessert.
Eine besondere Herausforderung stellt die Verwaltung und Entrümpelung verwahrloster Wohnungen dar. Wenn sich eine Wohnung in einem unbewohnbaren Zustand befindet und der Betreute aufgrund seiner gesundheitlichen Situation nicht in der Lage ist, die notwendigen Maßnahmen selbst zu ergreifen, muss der Betreuer eingreifen. Dies kann auch die Organisation und Durchführung von Entrümpelungsmaßnahmen umfassen, um die hygienischen Bedingungen zu verbessern und Gesundheitsgefahren abzuwenden. Allerdings darf der Betreuer die Wohnung nicht gegen den Willen des Betreuten betreten oder Maßnahmen erzwingen, es sei denn, es besteht unmittelbare Lebensgefahr oder eine gemeine Gefahr, die einen solchen Eingriff rechtfertigt.
Im Rahmen der Betreuung muss der Betreuer auch Miet- und Räumungsverfahren begleiten und unterstützen. Dies umfasst die Vertretung des Betreuten in rechtlichen Auseinandersetzungen mit Vermietern, die Verhandlung von Mietbedingungen und die Verteidigung gegen ungerechtfertigte Kündigungen. Sollte eine Räumung unvermeidlich sein, ist der Betreuer dafür verantwortlich, eine neue Unterkunft zu finden und den Umzug zu organisieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Berücksichtigung der Wünsche des Betreuten. Der Betreuer muss die Präferenzen und Bedürfnisse des Betreuten hinsichtlich seines Wohnraums ermitteln und respektieren. Dies beinhaltet die Pflicht, den Betreuten so weit wie möglich in Entscheidungen einzubeziehen und dessen Vorstellungen zu berücksichtigen. Wenn der Betreute beispielsweise den Wunsch äußert, in der Nähe von Angehörigen zu wohnen, sollte der Betreuer bestrebt sein, diesem Wunsch nachzukommen, sofern es die Umstände erlauben.
Das Betreuungsgericht spielt eine entscheidende Rolle bei der Überwachung und Genehmigung von Maßnahmen im Aufgabenkreis Wohnen. Jede beabsichtigte Aufgabe des Wohnraums muss dem Gericht angezeigt und von diesem genehmigt werden. Diese Kontrolle soll sicherstellen, dass die Maßnahmen im besten Interesse des Betreuten erfolgen und dessen Rechte gewahrt bleiben. Das Gericht kann dabei auch Anhörungen des Betreuten durchführen, um dessen Sichtweise zu erfassen und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass die Aufgabe des Wohnraums durch den Betreuer nur dann erfolgen darf, wenn eine häusliche Versorgung trotz umfassender Nutzung aller verfügbaren ambulanten Dienste nicht mehr möglich ist oder zu einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung des Betreuten führen würde. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, den Betreuten in seiner gewohnten Umgebung zu belassen, solange dies möglich und sicher ist.
Im Zusammenhang mit dem Aufgabenkreis Wohnen stehen dem Betreuer auch die Befugnisse zum Abschluss von Heimverträgen zu, sofern dies notwendig ist, um eine adäquate Versorgung des Betreuten zu gewährleisten. Dies schließt auch Entscheidungen über die Unterbringung in Pflegeeinrichtungen ein, wenn eine häusliche Versorgung nicht mehr ausreicht. Auch hier gilt, dass solche Maßnahmen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Betreuungsgerichts erfolgen dürfen.
Die praktische Umsetzung des Aufgabenkreises Wohnen erfordert vom Betreuer ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, Sensibilität und Fachkenntnis. Er muss in der Lage sein, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verstehen und anzuwenden, die Bedürfnisse des Betreuten zu erkennen und in seinem besten Interesse zu handeln. Dies schließt auch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen wie dem Betreuungsgericht, Betreuungsvereinen und sozialen Diensten ein, um eine umfassende Betreuung zu gewährleisten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Aufgabenkreis Wohnen im Betreuungsrecht darauf abzielt, den Wohnraum und damit einen zentralen Lebensbereich des Betreuten zu sichern und dessen Wohlbefinden zu fördern. Die gesetzlichen Regelungen bieten einen klaren Rahmen, innerhalb dessen der Betreuer agieren kann, und stellen sicher, dass die Rechte und Interessen des Betreuten gewahrt bleiben. Trotz der Herausforderungen bietet der Aufgabenkreis Wohnen eine wichtige Unterstützung für Betreute, die ihre Wohnangelegenheiten nicht selbst regeln können.
Für weiterführende Informationen und detaillierte Regelungen wird auf das Werk „Grundlagen und Schwerpunkte des Betreuungsrechts für die Soziale Arbeit“ von Röchling (2022) verwiesen.